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Urteile Arbeitsrecht

Anspruch auf Weihnachtsgeld durch wiederholte Zahlung - BAG Urteil vom 16.02.2010

Betriebsrentner denen vom Arbeitgeber vorbehaltlos in drei aufeinanderfolgenden Jahren eine gleich bleibend hohe Weihnachtsgratifikation zahlt, haben einen Anspruch auf Zahlung in gleicher Höhe auch in den Folgejahren, weil hier eine betriebliche Übung entstanden ist.
Das BAG bestätigt damit erneut seine bisherige Rechtsprechung.

 

"Emmely" behält ihren Arbeitsplatz BAG Urteil vom 10.6.2010, 2 AZR 541/09

Fristlose Kündigung - Interessenabwägung - Abmahnung - Fall "Emmely"

Leitsätze

1. Rechtswidrige und vorsätzliche Handlungen des Arbeitnehmers, die sich unmittelbar gegen das Vermögen des Arbeitgebers richten, können auch dann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung sein, wenn die Pflichtverletzung Sachen von nur geringem Wert betrifft oder nur zu einem geringfügigen, möglicherweise gar keinem Schaden geführt hat.

2. Das Gesetz kennt auch im Zusammenhang mit strafbaren Handlungen des Arbeitnehmers keine absoluten Kündigungsgründe. Es bedarf stets einer umfassenden, auf den Einzelfall bezogenen Prüfung und Interessenabwägung dahingehend, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses trotz der eingetretenen Vertrauensstörung - zumindest bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht.

Das Arbeitsgericht Berlin als auch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatten zuvor die fristlose Kündigung der Kassiererin wegen Diebstahls geringwertiger Sachen (hier: Einlösung von zwei nicht abgezeichneten Lehrgutbons im Wert von 0,48 EUR und 0,82 EUR) für rechtmäßig erklärt.

 

"Ein Betrieb - ein Tarifvertrag" - BAG kippt die Tarifeinheit

Das Bundesarbeitsgericht hat die Tarifeinheit im Betrieb gekippt. Der seit den 50er Jahren geltende Grundsatz "Ein Betrieb - ein Tarifvertrag" und die bisherige Rechtsprechung zur Tarifeinheit wurden nunmehr aufgegeben. Bisher galt: Bestehen bei einen Arbeitgeber mehrere Tarifvereinbarungen, verdrängt die spezielle Vereinbarung die allgemeine. So hatte der Firmentarif Vorrang vor dem Branchentarif. Künftig können bei einem Arbeitgeber mehrere Tarifverträge nebeneinander gelten.

Als Begründung führt das BAG aus:
"Es gibt keinen übergeordneten Grundsatz, dass für verschiedene Arbeitsverhältnisse derselben Art in einem Betrieb nur einheitliche Tarifregelungen zur Anwendung kommen können". 

Damit ist eine grundsätzliche Neuausrichtung des deutschen Tarifrechts möglich. Die zuletzt geführten Arbeitskämpe der Lokführer, Fluglotsen und Klinikärzte haben längst schon eine neue Realität verdeutlicht.
Der Koalitionsfreiheit der Tarifparteien ist nunmehr Rechnung getragen.